Steckt Ihre Marke in einer Beziehungs-Krise?
Beziehungs-Störungen
Fall 5. Die Herkunfts-Verleugnungs-Falle
Störungen in der Marke-Verbraucher-Beziehung bauen sich manchmal unmerklich über die Zeit auf.
Oft sind es nur kleine Anlässe und Ursachen.
Wir schildern hier aus unserer langjährigen Markenerfahrung immer wieder authentische Fälle, die zur Abkehr von der Marke geführt haben.
Michael Coenen: Ende der 80er. Ich wechselte zur „heißesten“ Kreativ-Agentur der damaligen Zeit. Ich wurde begrüßt als der „Marken-Heinz“. Heiße Kreation hat Vorrang vor strategischer Markenführung blieb aber das Credo. Die Agentur war nicht meine „Blutgruppe“.
Man pitchte um DIEBELS, die freundliche Altbiermarke vom Niederrhein.
Der Inhaber-Junior der Brauerei wollte hoch hinaus. Ihn faszinierte das kühne Versprechen des bekannt-rasant auftretenden Agenturinhabers:
„Wir machen DIEBELS zu einer Premium-Weltmarke – wie Guinness – ,
DIEBELS ist ab jetzt kein Altbier mehr, es ist ein dunkles Premiumbier!“
Die Kampagne verzichtete auf die Kennzeichnung „Alt“. 20 Millionen Budget wurden mit englischem Humor in dutzenden Anzeigenmotiven, skurrilen Spots und witzigen Plakaten „verballert“.
Sie brachten der Agentur Kreativpreise ein, dem Kunden aber keine Marktanteile.
Im Gegenteil. Erste Erosionserscheinungen im Kerngebiet deuteten sogar an, dass die Heimatregion äußerst verschnupft reagierte.
Alt blieb Alt!
Mir als Rheinländer mit dem Wissen um „Bier braucht Heimat“ drehte sich der Magen um. Eine Biermarke darf seine Herkunft nicht verleugnen!
Die Brauerei erkannte den Irrweg. Ein populärerer Neuversuch mit BBDO: „Ein schöner Tag, die Welt steht still.“ wurde zwar zur Mitgröl-Hymne in Stadien. Die Marke wurde wieder „Alt“, aber wollte mit den Fernsehbieren König, Veltins und Warsteiner in einer Liga spielen.
Die Beziehung zum Heimatverbraucher aber blieb gestört.
Der Rest ist schnell erzählt: kurze Zugehörigkeit zur Bremer Brauerei Beck, dann im Portfolio der InBev-Gruppe.
Der Niedergang: 350.000 Hektoliter braute Diebels im Jahr 2019. Der Spitzenwert lag einst bei 1,7 Millionen Hektolitern im Jahr.
Der weitere Verkauf an einen Investor lässt auf sich warten.
Eine traurige Geschichte!