Wodka Gorbatschow. Ein Paradebeispiel für Byron Sharp‘s Erfolgs-Prinzipien?

„How brands grow“ ist nichts für Manager mit schwachen Nerven, denn Autor Byron Sharp räumt in seinem Buch mit quasi allem auf, was die Marketinglehre westlicher Universitäten predigt: In Stein gemeißelte Gesetze entlarvt der Marketingprofessor als Mythos, Koryphäen stößt er aus ihrem Elfenbeinturm – und das alles mithilfe traditioneller wissenschaftlicher Methoden. Dabei greift Sharp das klassische 80/20-Pareto-Gesetz oder die Bedeutung von USPs genauso an wie Kotler, Ries und Co.*

Sharp’s 7 principles for marketing

  1. Continuously reach all of the buyers within your category via both marketing communications and physical distribution.
  2. Ensure it is easy for people to buy your brand – convenience is a key driver of market share and so it’s important to make your brand accessible.
  3. Get noticed – make sure your brand stands out and focus on brand salience.
  4. Refresh and build brand-based memory structures – these will help you to get noticed and encourage consumers to buy your brand.
  5. Create and use distinctive assets – distinctive assets will help your brands message get recognised quicker.
  6. Be consistent yet fresh – be consistent with your memory structures and distinctive brand assets so that you can still trigger the memory structures amongst your audience.
  7. Stay competitive – keep the brand easy to buy and avoid giving excuses not to buy.

Auf den Punkt gebracht:

Lasst die Finger von gekünstelter Differenzierung! Vergesst den USP! Konzentriert euch auf Unverwechselbarkeit und Unterscheidbarkeit eurer Marken! Und vor allem: Erreicht alle potenziellen Käufer eurer Kategorie. Permanent! Auch die gelegentlichen Käufer und sogar die Nichtkäufer! Sorgt für Überall-Verfügbarkeit!

„Wir wollen, dass WODKA GORBATSCHOW zur bekanntesten und umsatzstärksten deutschen Wodka-Marke wird – und das mit möglichst effizienter Kommunikation!“, so lautete das Briefing. Das war in den 80er Jahren.

Es entstand eine der langlebigsten Kampagnen. Über 40 Jahre ist die „Eisbrecher-Kampagne“ nahezu unverändert geblieben. So effizient, dass 5 – 10-Sekünder in TV mit großer Frequenz und Reichweite den Eindruck vermittelten, als ob die Marke über große Budgets wie z.B. Bacardi verfügte.

WODKA GORBATSCHOW. Des Wodkas reine Seele.

Keine Differenzierung … besser als, weil. Die vom Verbraucher erwarteten Grundwerte eines guten Wodkas, so kurz wie möglich zusammengefasst: Eiskalt, glasklar und absolut rein.

Ein unterscheidbares Bild (Key-Visual). Flasche bricht durch Polar-Eis („bricht im wahrsten Sinne des Wortes das Eis bei geselligen Gelegenheiten“), ein Pelz-Handschuh wärmt die Seele, eine markante Männerstimme betont die russische Herkunft „Des Wodkas reine Seele.“

Die „russische Anmutung“ wurde betont, obwohl sie nur bis Berlin reichte, was die  Copy in Printmedien auch ehrlicherweise nicht verschwieg („Seit dem Ende der Zarenzeit wird Wodka Gorbatschow nach alter Tradition in Berlin hergestellt.“)

Wodka Gorbatschow wird dieses Jahr 100 Jahre. „Mit einem Marktanteil von 16,8 Prozent ist die Marke 2,8-mal größer als der Marktzweite“, so Jan Rock, Head of Corporate Communications Henkell Freixenet.

Natürlich frischt das Marketing permanent den Markenauftritt durch Facelifts, SocialMedia-Kampagnen und Line-Extender bei Mixgetränken auf. Die Basis bleibt nachhaltig konstant.

Auch wenn Bryan Sharp’s Gesetze heftig umstritten sind, weil sich viele Marketer dadurch angegriffen fühlen.

Für mich ist das ein Vorzeigebeispiel.

Schreiben Sie mir Ihre Meinung.

 

*Ulrike Mellenthin